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Vortrag von Dr. des. Carolin Fleischer-Heininger (DIJ, Tokyo)
Januar 29 @ 10:00 - 12:00
Carolin Fleischer-Heininger (Deutsches Institut für Japanstudien Tokyo)
Behinderungen und digitale Zukunftsentwürfe: Theoretische Grundlagen, gesellschaftliche Debatten und literarische Aushandlungen
Ort: Japan-Zentrum, Institute am Englischen Garten, Oettingenstr. 67
Raum: 067
Zeit: Mittwoch, 29.01.2025, 10–12 Uhr
In Entwürfen möglicher Zukünfte nehmen (noch) nicht realisierte Technologien zumeist eine zentrale Rolle ein. Sie dienen nicht nur der Konstruktion utopischer wie dystopischer Welten, sondern fungieren zugleich als Dispositiv zur Reflexion über die pragmatische Wirklichkeit und das Mensch-Sein. Als Mittel zur Optimierung oder Korrektur regen sie dazu an, normative Vorstellungen und gesellschaftliche Strukturen kritisch zu hinterfragen.
Behinderungen sind eine existierende Realität menschlicher Vielfalt und entsprechend der Literatur seit jeher inhärent – nicht nur in Werken der Science-Fiction-Literatur oder in solchen, die sich charakteristischer Elemente dieses Genres bedienen, wie dem Topos der Nivellierung behinderungsbedingter Differenzen durch neue Technologien.
Die rasant voranschreitende Digitalisierung sowie die damit einhergehenden Hoffnungen und Ängste befeuern neue Debatten über die Möglichkeiten, Grenzen und insbesondere die Gestaltung sich entwickelnder Technologien. Diese Diskussionen werfen zugleich grundlegende Fragen über das Mensch-Sein auf und erfordern Offenheit gegenüber unterschiedlichen demografischen Gruppen sowie Flexibilität für individuelle Bedarfe.
In meinem Vortrag werde ich aus der Perspektive der Disability Studies die Potenziale digitaler Technologien für Betroffene sowie die Bedeutung von Erfahrungswissen für die Entwicklung und Gestaltung neuer Technologien diskutieren, am Beispiel von Behinderungen. Zunächst führe ich in die theoretischen Grundlagen zu Behinderungen ein und gebe einen knappen Überblick über Behinderungen in Japan und in der Literatur. Anschließend stelle ich ICHIKAWA Saōs Hanchibakku (2023) vor und analysiere, wie der Roman den Einsatz digitaler Geräte in Bezug auf Barrierefreiheit, Chancengleichheit und soziale Beziehungen sowie als Marker von Behinderung thematisiert. Auf Basis dieser Lektüre werde ich abschließend sieben Thesen zu KI und Behinderung formulieren.
Carolin Fleischer-Heininger ist seit Oktober 2023 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Japanforschung (DIJ) in Tokyo. Sie hat an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) ein Magisterstudium der Theaterwissenschaft sowie der Nebenfächer Neuere deutsche Literatur und Japanologie abgeschlossen und ebenda im Fach Japanologie zu literarischen, dramatischen und filmischen Konstruktionen eines Nachkriegsjapan bei Terayama Shūji promoviert. Sie forscht zu Literatur und Kultur in Japan seit der Nachkriegszeit und interessiert sich dabei besonders für die Aushandlung von Differenz sowie für Modernisierungs- und Globalisierungstheorien. Am DIJ arbeitet sie zu Repräsentationen von Behinderung und Erwerbsarbeit in der japanischen Gegenwartsliteratur.