Interview vom 30. Juni 2022 mit unserer Team-Assistentin Tanja Eberl anlässlich ihrer Goldmedaille im Badminton bei der Deutschen Meisterschaft 2022 in der Altersklasse +55.
Anna Wiemann (AW): Liebe Tanja, erst einmal ganz herzlichen Glückwunsch zu deiner Goldmedaille bei den deutschen Badminton Meisterschaften. Und jetzt gerade neulich hast du auch beim Nation‘s Cup im Badminton mit dem deutschen Team den dritten Platz gemacht. Erzähl uns doch ein wenig von deiner Leidenschaft für Badminton.
Tanja Eberl (TE): Also erstmal Dankeschön. Ich spiele Badminton seit ich neun Jahre alt bin. Meine Eltern haben mich in den Verein mitgenommen, in welchem sie und mein Bruder gespielt haben. Ich hatte das Glück, dass ich von Anfang an gute TrainerInnen hatte. Diese haben mich gefördert und so kam ich früh in den Landeskader. Schließlich durfte ich als jüngste Badminton Spielerin mit 16 Jahren Bundesliga spielen für meinen Verein. Dann ging das halt so weiter bis zum Studium der Japanologie hier am Japan-Zentrum der LMU. Während des Studiums habe ich zwei- bis dreimal am Tag trainiert, dazwischen studiert und das Ganze bis Anfang 30. Dann kam das Problem mit dem Knie, zudem wurde ich Mutter von zwei Kindern. Aber irgendwie hat es mich nie losgelassen und Jahre später hat es mich wieder gepackt als mein Sohn dann auch spielen wollte. Seitdem ist Badminton wieder ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Es ist einfach ein wundervoller Sport.
AW: Das klingt großartig. Und wie machst du das im Moment? Wie sieht der Alltag aus zwischen Hochleistungssport und deiner Arbeit am Japan-Zentrum als Team-Assistentin?
TE: Ich mache mir immer einen Wochenplan, so dass meine Tage genau durchstrukturiert sind. Das bedeutet im Moment für mich, dass ich vier Mal in der Woche in der früh um 7 Uhr in den Kraftraum gehe bis kurz nach 8 Uhr und dann fahre ich von dort direkt in die Arbeit. Ich habe also schon morgens mein erstes Training absolviert und am Abend, also nach der Arbeit, absolviere ich dann weitere Trainingseinheiten. Entweder gehe ich in die Vereinshalle zum Badminton oder Athletiktraining oder Yoga bzw. Mobility im Fitnessstudio. Und so ist eigentlich jeder Tag fast ausgefüllt. Die Arbeit steckt praktisch immer in der Mitte des Tages (lacht).
AW: Was zeichnet für dich den Sport Badminton aus?
TE: Also, beim Badminton kommt viel zusammen. Zum einen haben wir eine sehr athletische Komponente. Dazu ist es ein äußerst taktischer und auch technisch anspruchsvoller Sport. Du musst schnell sein, du musst kraftvoll sein, du musst aber auch dynamisch/athletisch sein, du musst aber auch sehr ruhig und konzentriert sein. Es ist für mich diese Kombination aus sehr vielen Sachen. Deswegen kann ich dann auch an sehr vielen Stellschrauben an mir arbeiten. Das ist auch das was mich begeistert, dass ich selbst jetzt mit 55 immer noch merke: ich kann mich verbessern. Also es geht eigentlich nicht abwärts, sondern es gibt immer Punkte an denen ich arbeiten kann und wo ich Fortschritte merke und das ist natürlich etwas Besonderes bzw. Motivierendes.
AW: Und wie ist das mit Japan? Was hat dich für Japan begeistert? Du hast gerade auch erzählt, dass du Japanologie studiert hast, sogar bei uns hier am Japan-Zentrum.
TE: Ja, das stimmt. Zuerst war da meine Begeisterung für Asien überhaupt. Dies hat ebenfalls etwas mit Badminton zu tun. Denn zu meiner Zeit, als ich angefangen habe Badminton zu spielen, waren SpielerInnen aus Asien, und so ist es übrigens auch noch heute, die Übermacht schlechthin im Badminton. Irgendwann habe ich als Jugendliche Bücher von japanischen Schriftstellern gelesen bzw. Filme von Akira Kurosawa gesehen. Später durfte ich japanische Top-Badminton-SpielerInnen kennenlernen und ich begann, mich immer mehr für dieses außergewöhnliche Land zu interessieren, bis mir klar wurde, dass ich Japanologie studieren möchte.
AW: Das ist großartig! Und gibt es japanische Badminton SpielerInnen, die für dich Vorbilder sind?
TE: Ja, momentan sehr viele, weil Japan unheimlich viel in Badminton gesteckt hat wegen der Olympischen Spiele 2020/21. Japan ist derzeit absolute Weltspitze in allen Disziplinen! Wir haben fünf Disziplinen: Herren-Doppel, Damen-Doppel, Herren-Einzel, Damen-Einzel und gemischtes Doppel. In allen Disziplinen ist Japan vorne mit dabei. Und ganz vorne beim Herren Einzel ist Kento Momota den ich einfach unglaublich toll finde, weil der sich bewegt wie eine Raubkatze auf dem Feld. Er ist unheimlich geschmeidig und trotzdem sehr kontrolliert. Leider hat er schwere Zeiten durchmachen müssen. Er war die Nr. 1 und hatte dann einen Autounfall, wo er hinten drinsaß und der Fahrer gestorben ist. Er selbst war auch verletzt. Da muss er jetzt immer noch dran knapsen und er versucht schon seit einem Jahr zurück an die Weltspitze zu kommen und inzwischen hat er es wieder geschafft. Aber auch das finde ich inspirierend: er gibt nicht auf.
AW: Macht das für dich auch den Sport aus? Das nicht aufgeben? Das weitermachen?
TE: Ja, auf jeden Fall. Ich finde, klar es ist ein plakativer Spruch, dass Aufgeben keine Option ist. Eben auch bei mir, aufgrund meiner Knieprobleme, wo mir alle gesagt haben, ich darf nicht mehr spielen und jetzt geht es mir körperlich besser als mit 30.
AW: Und du gewinnst eine Goldmedaille! Und du bist ja auch im Amateurbereich als Trainerin engagiert. Kannst du davon noch etwas erzählen?
TE: Als mein Sohn angefangen hat zu spielen und dann auch meine Tochter, habe ich gesehen, dass es in dem Verein wo ich war, zu wenig Trainerinnen und Trainer gab. Also habe ich angefangen meine Kinder und eine kleine Gruppe herum auszubilden. Und das hat mich dann sehr schnell begeistert, weil ich gesehen habe wie wichtig das ist, dass man diese Begeisterung, die in einem steckt, dass man die weitergeben kann. Dieses Leuchten in den Kinderaugen zu sehen, wenn etwas funktioniert. Das macht total Spaß. Dann habe ich mich weitergebildet. Letztes Jahr habe ich meinen B-Trainer gemacht. Das ist die zweihöchste Trainerstufe in Deutschland. Inzwischen haben wir einen Landesstützpunkt bei uns am Verein. Da bin ich sehr stolz drauf.
AW: Das ist ja toll! Gibt es in diesem Amateursportbereich auch einen Austausch mit Japan?
TE: Leider momentan nicht. Zurzeit ist es aufgrund der Pandemie sowieso sehr schwer nach Japan zu kommen. Und als ich angefangen habe Badminton zu spielen, bestand ein großer Unterschied in der deutschen und japanischen Jugendarbeit darin, dass in Japan das Jugendtraining vorwiegend im schulischen Bereich vollzogen wurde. Neben dem Sportunterricht waren und sind Sport-AGs nach dem Unterricht sehr verbreitet. Zwischen einzelnen Schulen gab es damals schon einige Austauschprogramme. Leider aber nicht an meiner Schule. In den letzten Jahren wurden und werden vermehrt Sportvereine in Japan gegründet. Allerdings sind diese anders organisiert als etwa deutsche Sportvereine. Derzeit gibt es in meinem Verein mehrere SpielerInnen aus Japan. Das freut mich ganz besonders.
AW: Sehr schön! Und was sind deine Ziele für die Zukunft: im Sport und im Beruf?
TE: Also, im Sport will ich auf jeden Fall die Goldmedaille bei der Weltmeisterschaft oder Europameisterschaft holen, Silber habe ich nämlich schon. Also ist das Ziel Gold zu haben. Und natürlich möchte ich immer weiter an mir arbeiten und versuchen, mich immer weiter zu verbessern. Und das Gleiche gilt auch im Beruf, dass ich immer schaue, dass irgendetwas bessergeht. Das ist das, was mich antreibt.
AW: Wann dürfen wir dich für die Weltmeisterschaften anfeuern?
TE: Dieses Jahr ist die Europameisterschaft Anfang August, genauer vom 7.-14. August in Ljubljana und nächstes Jahr sind hoffentlich die Weltmeisterschaften in Südkorea. Wahrscheinlich ebenfalls im August.
AW: Toll! Wir drücken auf jeden Fall ganz fest die Daumen! Und zum Schluss vielleicht noch: Hast du irgendwelche Tipps oder wichtige Erfahrungen die du unseren Studierenden mitgeben kannst? Aus deiner Sicht des Sports, aus deiner Erfahrung mit der Japanologie, was auch immer dir einfällt.
TE: Sich wirklich zu fokussieren auf das, was man tut. Gerade auch im Studium sich die Zeit sehr gut einzuteilen. Das man sich nicht verliert im großen Ganzen, sondern sich auf die einzelnen Punkte konzentriert und daran Stück für Stück arbeitet. Dann ist auch dieses große Fach Japanologie machbar.
AW: Das ist ein ganz toller Tipp und ein ganz toller Erfahrungswert, den wir alle mitnehmen können. Vielen Dank!
TE: Danke auch.
Dank für die Transkription an Florian Rippen.
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