Prof. Tatsuo Sugimoto ist von April 2023 bis März 2024 Gastwissenschaftler am Japan-Zentrum. Im Interview mit unserem Studierenden David Runggaldier gibt er Einblick in seine Begeisterung für Sport und Gesundheit, die Vorbildfunktion von Sportler*innen und seine mehrfachen Aufenthalte in Deutschland.
DR: Guten Tag, Herr Prof. Sugimoto. Ich heiße Sie als Gastprofessor an der LMU herzlich willkommen. Um Sie besser kennenzulernen, würde ich Ihnen gerne einige Fragen stellen. Lassen Sie uns vielleicht mit einer kurzen Selbstvorstellung beginnen.
TS: Es freut mich, an der LMU zu sein. Gerne stelle ich mich vor. In meiner Jugend war ich in der japanischen Leichtathletik sehr erfolgreich, insbesondere im Sprint. Ich bekam sogar die Gelegenheit, an den Olympischen Spielen in Barcelona teilzunehmen. Das ist meine schönste Erinnerung aus meiner aktiven Zeit. Die Atmosphäre und die Einrichtungen wie das „Athletes‘ Village“ waren einzigartig. Ich erinnere ich mich besonders an ein Erlebnis während des Staffel-Finals über 4×100 Meter. Vor dem Rennen erlebte ich eine intensive Form der Konzentration. Alles wurde still, die Umgebung verschwamm, und ich konnte nichts mehr hören. Trotz der Anwesenheit von Athleten wie Carl Lewis und Linford Christie, ehemaligen Olympiasiegern und Weltmeistern, war ich völlig fokussiert. Diese Erfahrung war einzigartig und hat mich nachhaltig geprägt.
DR: Wenn Sie noch etwas Persönliches über sich selbst teilen möchten, beispielsweise Ihre Hobbys oder wie sich Ihre Freizeitgestaltung im Laufe der Jahre verändert hat, würde mich das interessieren.
TS: Meine Entscheidung, Profisportler zu werden, traf ich bereits im Alter von zwölf Jahren. Dies war weniger ein Traum als vielmehr eine berufliche Zielsetzung. Als Folge richtete ich mein Leben und meine Jugend auf den Sport aus. Dies bedeutete, dass ich weniger Zeit mit Freunden verbrachte. Meine Freizeit bestand hauptsächlich aus Erholung und Regeneration nach dem Training. Auch meine Ernährung war von großer Bedeutung, da es damals noch keine so umfassende Ernährungswissenschaft wie heute gab. Der Zugang zu Informationen war begrenzt, und ich musste auf viele Dinge verzichten, wie Cola, Süßigkeiten und Snacks. Heute habe ich eine Familie und meine Freizeit hat sich verändert. Meine Tochter ist mir sehr wichtig. Ich verbringe viel Zeit damit, ihre Aktivitäten zu begleiten. Ich genieße diese Veränderungen in meiner Freizeitgestaltung.
DR: Als Professor für Lebens- und Sportwissenschaften sowie Sportökonomie und -management haben Sie eine bemerkenswerte akademische Laufbahn eingeschlagen. Wie kam es dazu und welche Erwartungen haben Sie an Ihre wissenschaftliche Forschung?
TS: Während meiner Studienzeit dachte ich ursprünglich daran, in einer Werbeagentur zu arbeiten. Doch aufgrund meines Erfolgs im Sport und meiner Teilnahme an den Olympischen Spielen konzentrierte ich mich voll und ganz auf meine sportliche Karriere. In dieser Zeit entwickelte sich auch die Idee, nach Deutschland zu kommen um mit einem qualifizierten Trainer zu arbeiten. Dies führte dazu, dass ich meine ursprünglichen beruflichen Pläne aufgab. Mein Professor riet mir, weiter zu studieren, um einen Master oder eine Promotion abzuschließen. Da sich die meisten Leistungssportler*innen bereits mit der Entwicklung neuer Trainingsmethoden befassten, wollte ich mich auf ein anderes Feld konzentrieren, das mir eine bessere berufliche Perspektive an japanischen Universitäten bieten würde. Die Idee, mich auf Sportmanagement und Sportökonomie/Marketing zu konzentrieren, entstand, obwohl es damals nur begrenzte Forschung in diesem Bereich gab, da diese Themen relativ neu waren. Ich wollte meine Forschung auf diesem Gebiet vertiefen und brachte diese Interessen mit nach Deutschland. In meiner Forschung befasse ich mich mit verschiedenen Aspekten des Sports, unter anderem der Begeisterung von Kindern und Jugendlichen für Leichtathletik und dem Potenzial von Sport für einen gesunden Lebensstil.
DR: Das ist eine interessante Entwicklung Ihrer Karriere. Vielen Dank für Ihre Einblicke. Als nächstes würde ich gerne auf Ihre Publikationen eingehen. Sie haben Bücher über Sprinting und Sportökonomie veröffentlicht, wobei Ihr Fokus auf Kindern und Jugendlichen liegt. Wie versuchen Sie, diese Zielgruppe anzusprechen, und welche Ziele verfolgen Sie in Bezug auf den Sportnachwuchs in Japan?
TS: Im Leistungssport strebe ich an, dass Japan international wettbewerbsfähig ist. Heutzutage sind Spitzensportler*innen nicht nur Athlet*innen, sondern auch Vorbilder und Repräsentant*innen für Sponsoren. Sie haben eine wichtige Rolle in der Gesellschaft. Deshalb lege ich großen Wert darauf, dass Leistungssportler*innen nicht nur im Sport erfolgreich sind, sondern auch als Vorbilder fungieren. Dazu gehört, dass sie sich über den Sport hinaus Wissen über Politik, Wirtschaft und die Welt aneignen. Dies ist besonders wichtig, da Geld und Ruhm Sportler*innen oft blenden und den Kontakt zur Realität verlieren lassen. Der Sport hat heute eine größere Verbreitung und Bedeutung als je zuvor. Menschen betreiben Sport nicht nur aus Freude, sondern auch aus gesundheitlichen Gründen oder aufgrund aktueller Trends. Mein Ziel ist es, die Bedeutung des Sports weiter zu fördern und jede/n für eine aktive und gesunde Lebensweise zu begeistern.
DR: Warum haben Sie sich für einen Forschungsaufenthalt am Japan-Zentrum der LMU entschieden?
TS: Es gibt einige Gründe, warum ich mich erneut für Deutschland entschieden habe und speziell für die LMU. Einer der Hauptgründe ist Frau Prof. Dr. Gabriele Vogt. Wir kennen uns seit 1994, meinem ersten längeren Aufenthalt in Deutschland. Vor einigen Jahren beschloss ich, 2023/24 ein Forschungsjahr in München zu verbringen. Eine alternative Wahl wäre die USA gewesen, doch das US-amerikanische Sportsystem unterscheidet sich erheblich vom japanischen. In Deutschland habe ich die Möglichkeit, das deutsche System mit dem japanischen zu vergleichen, da es einige Parallelen gibt. Darüber hinaus liegt München zentraler in Europa als Berlin, was für mich von Vorteil ist, da ich japanische Fußballspieler trainiere, die in verschiedenen europäischen Clubs spielen. Die bayerische Kultur unterscheidet sich von der preußischen Kultur in Berlin, was für mich ebenfalls ein interessanter Aspekt ist. Darüber hinaus hat mich das Japan-Zentrum der LMU beeindruckt. Die Perspektiven und Herangehensweisen der deutschen Forscher*innen zu verschiedenen japanischen Themenbereichen faszinieren mich. Es gab beispielsweise einen Workshop über ein japanisches Zugunternehmen namens Odakyū und das Tragen von Masken in Zügen. Ich fand es spannend zu sehen, wie deutsche Forscher*innen über japanbezogene Themen denken. All diese Gründe haben mich dazu bewogen, die LMU zu wählen.
DR: Das war eine sehr aufschlussreiche Antwort und ein interessantes Interview über Ihre Person und Ihre Forschungsinteressen. Ich bedanke mich herzlich bei Ihnen und wünsche Ihnen viel Erfolg und fruchtbare Forschungsarbeiten während Ihres Aufenthalts bei uns.
TS: Vielen Dank! Ich freue über die Zusammenarbeit.
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