Das Japan-Zentrum der Ludwig-Maximilians-Universität München lädt Sie im Rahmen des Forschungskolloquiums im Sommersemester 2024 zu folgendem Gastvortrag herzlich ein:
Carolin Münch, M.A., LMU München
Denkt man an Tiere in der japanischen Mythologie, kommen einem zunächst vor allem Füchse und
Tanuki in den Sinn. Denkt man wiederum an Hirsche, erscheinen vor dem geistigen Auge vor
allem Bilder von mehr oder weniger zahmen Hirschen im Nara-Park rund um den Kasuga Taisha.
Dass die beliebten Nara-Hirsche noch immer verehrt werden, liegt vor allem an der
Gründungslegende des Großschreins von Kasuga, der zufolge die Hauptgottheit auf einem weißen
Hirsch dorthin geritten sein soll.
Jedoch spielte der Hirsch schon vor dieser Zeit und auch darüber hinaus verschiedene Rollen in
der Lebensrealität der Menschen des Altertums. Zahlreiche Mythen und Volkslegenden weisen
darauf hin, dass der Hirsch als Götterbote oder Manifestation von kami in Erscheinung trat, sowohl
als Schutzgottheit als auch als Opfertier für landwirtschaftliche Rituale zum Einsatz kam oder am
Hof ein Symbol für Macht und Glück war. Als „Materiallieferant“ sollte er ebenfalls nicht übersehen
werden, wurden Fell, Leder und Geweihe für höfische Zeremonien benötigt und auch sein Fleisch
verzehrt. Das Ineinandergreifen verschiedener vor allem religiöser Kontexte („Shintô“, Buddhismus
etc.) muss bei dieser Kulturgeschichte ebenfalls Berücksichtigung finden.
Überraschenderweise ist der bisherige Forschungsstand zur Bedeutung des Hirsches eher dürftig.
Selbst in der japanischsprachigen Forschung gibt es nur wenige Beiträge, in der englisch- oder gar
deutschsprachigen Japanwissenschaft besteht hier eine enorme Lücke. Trotzdem lässt sich auf
der wertvollen Vorarbeit anderer aufbauen und ich möchte mit meinem Dissertationsprojekt daher
versuchen, die Frage zu klären, woher die Bedeutung des Hirsches im japanischen Altertum
kommt bzw. woran sich seine Bedeutung festmachen lässt. Dafür nutze ich verschiedene Quellen
aus der Mythologie, Geschichtsschreibung, Gesetzgebung und Literatur als Informationsbasis und
versuche, hermeneutisch eine schlüssige Gesamtschau zu den vielfältigen Gesichtern des
Hirsches zu zeichnen. In meinem Vortrag möchte ich den Zwischenstand meines Projekts zum
jetzigen Zeitpunkt vorstellen.
Carolin Münch studierte Japanologie (B.A.) sowie Religion und Philosophie in Asien (M.A.) an der
LMU München. Im Rahmen ihres Promotionsprojektes, das von Prof. Dr. Klaus Vollmer betreut
wird, beschäftigt sie sich mit den zahlreichen Facetten, mit welchen der Hirsch in der japanischen
Mythologie und Religion im Altertum aufwartete.
Der Vortrag findet in Präsenz statt. Ort: Japan-Zentrum der LMU, Seminargebäude am Englischen Garten, Oettingenstr. 67, 80538 München, Raum 151.
Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich.